SNB: Auslandvermögen steigen stark an

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Bild: PD SNB

 

Nationalbank  Neueste Zahlen der SNB zeigen: Die Schweizer Auslandvermögen sind im Herbst stark angestiegen. Zudem wird der Berg der Währungsreserven grösser.

Von Livio Brandenberg

Gestern veröffentlichte die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Zahlungsbilanz für das 3. Quartal 2015. Und diese zeigt: Der starke Franken macht sich in der Schweiz weiter stark bemerkbar. So ziehen ausländische Anleger weiterhin Kapital aus der Schweiz ab. Unternehmen dagegen investieren verstärkt im Ausland. Laut der Leistungsoder Ertragsbilanz der SNB ist die Schweiz aber auch im 3. Quartal reicher geworden: Sie hat 23 Milliarden Franken mehr eingenommen als ausgegeben. Damit lag der Leistungsbilanzüberschuss um 12 Milliarden höher als im Vorjahresquartal.

Firmen investieren mehr im Ausland

Dafür verantwortlich ist vor allem auch der Warenhandel. So hat die Schweiz im 3. Quartal deutlich mehr für exportierte Güter eingenommen, als sie für Importprodukte ausgegeben hat. Grund für diesen Überschuss ist der starke Franken. Er hat zusammen mit dem rekordtiefen Ölpreis dafür gesorgt, dass die Ausgaben für Importgüter rückläufig waren. Die Einnahmen aus dem Export dagegen sind praktisch konstant geblieben. Dies dank dem Goldhandel, der den Rückgang der Warenexporte kompensieren konnte.

Die Frankenstärke hat aber auch den zweiten Teil der Zahlungsbilanz, die Kapitalbilanz, geprägt. Insgesamt hat die Schweiz im 3. Quartal 20 Milliarden Franken mehr Kapital exportiert als importiert. Im Vorjahresquartal betrug dieser Export nur 3 Milliarden. Bewirkt hat diesen deutlichen Überschuss vor allem der starke Anstieg des Exports von Kapital ins Ausland.
Dafür ausschlaggebend waren Investitionen von Schweizer Unternehmen im Ausland. Sie haben einerseits in grösserem Umfang Kredite an ihre ausländischen Tochterfirmen gewährt, wie die SNB schreibt. Andererseits haben sie im Ausland andere Firmen gekauft. Kurz: Inländische Unternehmen verlagern durch Akquisitionen oder durch den Aufbau neuer Produktionswerke ihre Tätigkeiten aus der teuren Schweiz ins kostengünstigere Ausland.

Währungsreserven wachsen weiter

Ebenfalls präsentiert hat die SNB gestern die Entwicklung des Auslandvermögens der Schweiz. Dieses ist im 3. Quartal um 69 Milliarden auf unter dem Strich rund 646 Milliarden Franken angestiegen (siehe Grafik). Wie die SNB mitteilt, hat sich der Bestand der Auslandaktiven gegenüber dem Vorquartal um 96 Milliarden auf 4137 Milliarden Franken erhöht. Zum Anstieg hätten vor allem Wechselkursgewinne aufgrund der Höherbewertung der Fremdwährungspositionen in Euro und US-Dollar beigetragen. Die Währungsreserven sind laut SNB um 26 Milliarden auf 584 Milliarden Franken
angewachsen.

Auslandvermögen SNB

Grafik: «Neue Luzerner Zeitung» vom 22. Dezember 2015

Diese Zunahme erstaunt wenig. Nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses am 15. Januar 2015 dürfte die SNB über den Lauf des Jahres immer wieder am
Devisenmarkt eingegriffen haben. Währungsspezialisten der Grossbank Credit Suisse schätzen, dass die SNB nur in den zwei Wochen vor dem Entscheid
der US-Notenbank Fed vergangene Woche, die Leitzinsen in den USA zu erhöhen, mit rund 2 Milliarden Franken am Devisenmarkt interveniert hat, um
den Franken zu schwächen. Denn dieser ist laut SNB-Präsident Thomas Jordan nach wie vor «deutlich überbewertet», wie Jordan vor zehn Tagen bekräftigte.

SNB reagiert auf EZB

Diese Interventionen der SNB hängen wohl auch mit der Ausweitung des Anleihenkaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB) zusammen. Nachdem die EZB Anfang dieses Monats ihr Kaufprogramm für Staatsanleihen verlängert und ausgeweitet hat sowie die Einlagezinsen für Banken weiter gesenkt hat, legte der Franken zu. Ein Euro kostete letzte Woche zeitweise weniger als 1.08 Franken – und fiel damit auf den tiefsten Stand seit Mitte November. Die befürchtete grosse Flucht in den Franken ist aber ausgeblieben. Gestern Abend notierte der Euro gegenüber dem Franken bei 1.0831.

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Update:

Am 8. Januar 2016 hat die Schweizerische Nationalbank mitgeteilt, dass sie für das Jahr 2015 von einem Verlust von 23 Milliarden Franken ausgeht. Nach hohen Verlusten in den ersten beiden Quartalen verzeichnete die SNB im dritten und vierten Quartal einen Gewinn. An Bund und Kantone fliesst rund 1 Milliarde.

Der grösste Teil der Jahresverlusts geht auf die Fremdwährungspositionen zurück: Allein dort musste die SNB 20 Milliarden Verlust verbuchen. Aus der Bewertung des Goldbestands der SNB resultierte ein Minus von 4 Milliarden Franken. Bei den Frankenpositionen bliebt dagegen unter dem Strich ein Gewinn von 1 Milliarde Franken.

Weiter teilte SNB-Präsident Thomas Jordan mit, dass die Nationalbank mit grosser Wahrscheinlichkeit auch 2016 an den Negativzinsen festhalten werde. ■

(Dieser Artikel ist in leicht anderer Form erschienen am 22. Dezember 2015 in der «Neuen Luzerner Zeitung».)