Schlagabtausch um Arbeitsplätze

Kreuzten verbal die Klingen (v. l .): Günter Schäuble, Steuerchef des Liftkonzerns Schindler, der Obwaldner CVP-Ständerat Erich Ettlin, Dominique Becht, Geschäftsführer der Solomania GmbH und Vorstandsmitglied des Vereins LU – Luzerner Unternehmen, die Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo und Moderator Jérôme Martinu, Chefredaktor der «Luzerner Zeitung», Bild: Corinne GlanzmannWarb für ein Ja: Bundesrat Ueli Maurer (SVP), Bild: Corinne GlanzmannAbstimmungsplakat der Gegner, Bild PDUnd so werben die Reformbefürworter, Bild: PD

Unternehmenssteuerreform – Die Reform der Unternehmenssteuern wird ein Monat vor der Abstimmung intensiv diskutiert. So auch in der Zentralschweiz. Gestern erläuterte Bundesrat Ueli Maurer die komplexe Vorlage vor einem vollen Saal in Dagmersellen.

Von Livio Brandenberg

In einem Monat, am 12. Februar, stimmen die Schweizerinnen und Schweizer über eine weitreichende Reform der Besteuerung von Firmen ab. Die Vorlage mit dem sperrigen Titel «Unternehmenssteuerreform III» bewegt bereits jetzt die Gemüter. Es geht um Milliardenbeträge. Das Thema istkomplex.

Gestern hat nun die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) zu einer Podiumsdiskussion nach Dagmersellen eingeladen. Auf dem Areal des Transport- und Logistikunternehmens Galliker warb zuerst Bundesrat Ueli Maurer (SVP) für ein Ja. Gegen das neue Gesetz hatten Akteure aus dem linken politischen Spektrum das Referendum ergriffen.

Anschliessend diskutierten die Luzerner SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo, Dominique Becht, Geschäftsführer der Solomania GmbH und Vorstandsmitglied des Vereins LU – Luzerner Unternehmen, der Obwaldner CVP-Ständerat Erich Ettlin, Partner beim Treuhandbüro BDO, sowie Günter Schäuble, Steuerchef des Liftkonzerns Schindler, über Vorteile und Risiken der Steuerreform. Moderiert hat den Anlass Jérôme Martinu, Chefredaktor der «Luzerner Zeitung».

Anpassung sei zwingend nötig

Vor rund 600 Gästen stieg Finanzminister Maurer mit einem Witz in sein Referat ein und bedankte sich nicht nur für die Einladung, sondern auch für die regelmässig eingezahlten Steuern aller Anwesenden. Viel Zeit verlor Maurer aber nicht, bevor er die Vorlage zu erläutern begann. Es sei zwingend, dass die Schweiz die Besteuerung von Unternehmen nun anpasse, so der Bundesrat. Eine breite Front sehe das so: der Bund, die Kantone und auch der Gemeindeverband. «Wenn so viele Leute einverstanden sind, kann es nicht so falsch sein», so Maurer.

Mit der Reform soll die ermässigte Besteuerung von Holding- und Domizilgesellschaften wegfallen. Diese wird international nicht mehr akzeptiert. Deshalb hat sich die Schweiz gegenüber der EU und der OECD verpflichtet, diese Privilegien abzuschaffen. Dafür sollen neue Steuererleichterungen geschaffen werden. Etwa Patentboxen oder Steuerrabatte bei der Forschung und Entwicklung.

«Wir haben hohe Löhne, hohe Preise, in einem Bereich müssen wir die Besten sein», sagte der Finanzminister bezüglich des Steuerstandortes Schweiz. «Bei einem Nein wird das Signal sein: In der Schweiz weiss man nicht mehr, wohin es geht mit den Steuern», so Maurer weiter. Wer nicht gezwungen sei, hier zu bleiben, der gehe. «Es werden Arbeitsplätze verloren gehen und kaum noch Neuansiedlungen geschehen».

Im Steuerwettbewerb gehe es beinhart zu und her. «Bei einem Nein können wir dann nicht fünf Jahre ‹weiterkücheln›. Denn unterdessen geht die Post ab. Wenn Trump nur die Hälfte dessen macht, was er verspricht, dann werden die USA ein harter Konkurrent bei den Steuern.» Die Reform sei eine der «gescheitesten Vorlagen der letzten Jahre», schloss Maurer.

«Wie lange soll ich noch zahlen?»

Dies sah Prisca Birrer-Heimo anders: «Wir sind der Meinung, dass diese Steuerprivilegien weg müssen. Doch dafür aufkommen sollen die, die davon profitieren.» In den letzten Jahren hätten die natürlichen Personen immer mehr beigesteuert und die grossen Firmen immer weniger. «Dann fragen sich die Leute irgendwann: Wie lange soll ich noch zahlen?»

Dominique Becht argumentierte, dass bei einem Nein in der Zentralschweiz kaum Arbeitsplätze verloren gingen, denn «hier geht es eher um Sitzgesellschaften, die mit wenigen Angestellten ein Büro betreiben und kaum in diesem Land investieren». Dem widersprach Erich Ettlin: «Das ist so falsch, da ist nicht mal das Gegenteil richtig.» Einfach einen Briefkasten zu betreiben – das werde international nicht mehr akzeptiert. Es gehe hier um echte Firmen vor Ort und echte Arbeitsplätze.

Gefragt, ob seine Firma bei einem Nein die Schweiz verlassen würde, antwortete Schindler-Steuerchef Günter Schäuble: «Wir sind ein Schweizer Konzern, wir bleiben ein Schweizer Konzern. Doch man muss sehen: Steuern sind für uns Kosten. Wenn dieser Punkt nicht mehr stimmt, dann müssen auch wir irgendwann über die Bücher.» ■

(Dieser Artikel ist in leicht anderer Form erschienen am 13. Januar 2017 in der «Luzerner Zeitung».)