Luzern erhält die erste Rechtsschule für Laien

Justitia Hamburg

Justitia am Strafjustizgebäude des Amts- und Landgerichts Hamburg, Bild: Markus Daams, Flickr

Bildung – Im Herbst dieses Jahres startet in Luzern die erste Rechtsschule für Laien. Die Kurse werden auf juristische Probleme des Alltags ausgerichtet sein, denn viele Probleme könnten gelöst werden bevor ein Anwalt eingeschaltet werden müsse, ist der Initiant der Schule überzeugt.

Von Livio Brandenberg

Immer mehr Gesetze, immer weniger Durchblick. Diesen Eindruck und die damit verbundenen alltäglichen Probleme dürften viele Schweizerinnen und Schweizer teilen. Und wer als Nichtjurist im Alltag mit dem Gesetz in Kontakt oder sogar in Konflikt kommt, ist schnell überfordert.

Der Verein Rechtspermanence, vor 13 Jahren in Luzern und Zürich gegründet, will das ändern: Er lanciert in Luzern die «Rechtsschule für den Alltag». Dabei handelt es sich um eine Rechtsschule für Laien, jedermann hat Zugang. Im Oktober dieses Jahres geht es los. Die Kurse werden immer samstags und abends an einem noch nicht fixierten Wochentag stattfinden. Der Kursort ist ebenfalls noch nicht definiert. Je nach Anzahl eingegangener Anmeldungen wird der Verein nach einem geeigneten Raum oder Saal in Luzern suchen. Rechtspermanence bietet juristische Beratung, Mediation und Schiedsgerichtstätigkeiten an, jedoch keine anwaltschaftlichen Dienste. Ausserdem betreibt der Verein eine kostenpflichtige 24-Stunden-Hotline sowie eine Gratis-Rechtsberatung jeden Samstagmorgen in den Räumen der Universität Luzern.

«Leute finden sich schlecht zurecht»

Hubertus Hollenweger Portrait

Hubertus Hollenweger (67), Bild: Academia Engelberg

«Wir stellen in unseren Beratungen fest, dass sich die Leute in juristischen Fragen schlecht zurechtfinden», sagt Hubertus Hollenweger, Präsident von Rechtspermanence, Mediator und Initiant der Rechtsschule. Hier soll die neue Schule Abhilfe schaffen. «Jene, die bei uns Rat suchen, tun dies aus den immer gleichen Gründen», sagt er. Das sei unnötig, denn viele Probleme des alltäglichen Lebens – etwa Eheprobleme, Mietstreitigkeiten und sogar gewisse strafrechtliche Angelegenheiten wie Ehrverletzungen – könnten oft einfacher gelöst werden, wenn bei Laien mehr juristisches Wissen vorhanden wäre, ist Hollenweger überzeugt.

«Das fängt bei Kleinigkeiten an: Ein Paar hat sich beispielsweise verlobt und aus dem gemeinsamen Portemonnaie einen Hausrat angeschafft. Wenn die Beziehung nun auseinandergeht, wissen die meisten nicht, wem juristisch was gehört und wie dieses Problem zu lösen ist», sagt Hollenweger. Komme hinzu, so der Rechtssoziologe, dass eine Streitigkeit schlagartig deutlich teurer werde, wenn ein Anwalt eingeschaltet werde. «Unser Ziel ist, dass die Leute ein juristisches Basiswissen haben, das ihnen im Alltag hilft, so dass sie nicht bei der ersten juristischen ‹Schwelle› einen Streitanwalt aufsuchen müssen», sagt Hollenweger. Zu seinen Partnern gehören mehrere Luzerner Anwältinnen und Anwälte – unter dem Patronat der Obwaldner Oberstaatsanwältin Esther Omlin.

Wissen bedeutet mehr Freiheit

Den Einwand, der konkrete Nutzen einer solchen Rechtsschule für Laien sei begrenzt, da diese bei einem handfesten Rechtsstreit so oder so einen Rechtsbeistand beiziehen müssten, lässt Hollenweger nicht gelten. «Bei einem Streit braucht es zuallererst Kommunikation – und diese ist einfacher, wenn man mehr Wissen hat», sagt er. Wissen bringe in juristischen Angelegenheiten mehr Freiheit. Wer sich seiner Rechte nicht sicher sei und dadurch Angst habe, juristisch über den Tisch gezogen zu werden, der gehe eher zu einem Anwalt, erklärt der Mediator. «Wir wollen, dass die Leute zuerst aufeinander zugehen. Erst als weiteren Schritt braucht es dann allenfalls Mediation», sagt Hollenweger. Es gelte den Grundsatz hochzuhalten: «Die private Einigung kommt vor der staatlichen.»

Voranmeldung ab sofort möglich

Die Kurse an der Rechtsschule in Luzern sollen darum stark auf die juristischen Probleme des Alltags ausgerichtet sein und nicht Spezialfälle behandeln. Hier sieht der Initiant auch die klare Abgrenzung zur Universität Luzern mit ihrer grossen juristischen Fakultät: «Wir bieten eine Ausbildung an für alle, auch für Nichtakademiker», sagt Hubertus Hollenweger. Wer die semesterweise angelegten Lehrgänge besucht, erhält aber ein Zertifikat am Ende jedes Lehrgangs. Prüfungen gibt es keine, «doch die Erwartung ist, dass sich die Schüler konstant mit dem Stoff ausein­andersetzen», so Hollenweger. Als Zielgruppe sieht er «alle am Recht Interessierten und alle, die sich generell für Ordnung interessieren». Den Stoff vermitteln werden Juristinnen und Juristen von Rechtspermanence, es sind aber auch Gastdozenten vorgesehen. Kosten wird die Rechtsschule laut Hollenweger ungefähr so viel wie vergleichbare Angebote, etwa der Klubschule Migros in Luzern.

Für die Kurse der Rechtsschule kann man sich ab sofort voranmelden über die E-Mail-Adresse des Vereins Rechtspermanence: info@rechtsphilo.ch.  ■

(Dieser Artikel ist in leicht anderer Form erschienen am 31. März 2016 in der «Neuen Luzerner Zeitung».)