Pro Milchkuh-Initiative – Das Geld dort einsetzen, wo es gebraucht wird

Milckuh Nein

Polemik: Plakat der Initiativgegner in Luzern, Bild: Livio Brandenberg

Kommentar. Von Livio Brandenberg

Nur Autofahrer zahlen Mineralölsteuer – jedes Mal, wenn sie tanken rund 83 Rappen pro Liter Benzin. Wer als Verursacher speziell besteuert wird, der soll vom Geld, das er dem Staat abgeliefert hat, später einen konkreten Nutzen ziehen. Die Initiative «Für eine faire Verkehrsfinanzierung» fordert eine konsequente Umsetzung dieses Prinzips. Sie will, dass Einnahmen aus der Mineralölsteuer, jährlich 3 Milliarden Franken, ausschliesslich in Strassenprojekte fliessen. Heute kommt die Hälfte dieses Betrags der allgemeinen Bundeskasse zugute und wird für andere Staatsaufgaben verwendet. Die Gegner kritisieren unter anderem, dass zusätzliche Sparrunden drohen.

Man kann die Radikalität der Initiative kritisieren – absolute Zweckgebundenheit wäre in der Schweiz ein steuerliches Novum (Stichwort Steuersolidarität). Doch dass ein Ja ein Loch in die Bundeskasse reisst, kann allein kein Argument sein. Die rund 1,5 Milliarden Franken machen lediglich rund 2 Prozent des Bundeshaushalts aus. Von einem «Raubzug auf die Bundeskasse», wie die Gegner polemisieren, kann keine Rede sein. Zudem kann wohl niemand ernsthaft behaupten, dass bei einem Budget von fast 67 Milliarden Franken zu wenig Sparpotenzial bestehe.

Zur nun vielbeschworenen Steuersolidarität noch ein paar Worte: In den letzten 20 Jahren, das sagt auch Verkehrsministerin Doris Leuthard, sind die Autofahrer übermässig zur Kasse gebeten worden. Die Tarife des öffentlichen Verkehrs decken nur gerade rund die Hälfte aller Infrastruktur- und Betriebskosten der Verkehrsbetriebe. Das fehlende Geld kam von der Strasse. Dass die Automobilisten nun genug haben, ist nachvollziehbar.

Während die Milchkuh-Gegner nun also die Steuersolidarität hochhalten, wurden viele von ihnen in der nahen Vergangenheit nicht müde – gerade im Verkehr –, strikte das Verursacherprinzip zu fordern. Das geht, zumindest für die Nationalstrassen, nicht auf. Ein Gedankenexperiment: Würde man die Mineralölsteuer abschaffen, dann müssten alle Bürger, also auch die Nicht-Autofahrer, den Aufwand für die Strassen bezahlen. In diesem Fall würde man laut schreien: Nach dem Verursacherprinzip müssen die Autofahrer besteuert werden. Heute aber, wo man die Treibstoffsteuer hat, finanziert man damit zu einem grossen Teil andere Bedürfnisse.

Wichtiger in dieser Diskussion ist jedoch, dass der Strasseninfrastruktur das entsprechende Gewicht zuerkannt wird: 75 Prozent des Personen- und 60 Prozent des Güterverkehrs werden heute in der Schweiz über die Strasse abgewickelt. Doch knapp zwei Drittel der Verkehrsausgaben des Bundes fliessen in den öffentlichen Verkehr.

Dabei hat der Verkehr auf der Strasse in den letzten Jahren stark zugenommen. Es werden Sanierungs- und Ausbauprojekte nötig sein. Dafür braucht es keinen höheren Benzinpreis oder eine teurere Autobahnvignette. Das Geld ist da. Es muss nur dort eingesetzt werden, wo es gebraucht wird. ■