Investitionen sind nötig

Bild Milchkuh Bus

Die Strassen sind belastet, Bild: Livio Brandenberg

Kommentar. Von Livio Brandenberg

Die Schweiz, eine Autofahrernation. Nach dem gestrigen klaren Nein zur Milchkuh-Initiative setzen wohl nicht wenige ein Fragezeichen hinter diesen Spruch. Kein Kanton, nicht einmal der Autokanton Aargau, hat die Vorlage angenommen.

Politisch gefärbte Deutungen des Abstimmungsresultats liessen nicht lange auf sich warten. Die Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, sprach am Nachmittag bereits von einer «Trendwende» in der Verkehrspolitik. Ihr Partei- und Nationalratskollege Balthasar Glättli schrieb auf Twitter, das Resultat sei ein «überdeutliches Zeichen auch für die Verlagerung von der Strasse auf Bahn und ÖV».

Mit Verlaub: Über die Verlagerungspolitik hat das Schweizer Stimmvolk gestern nicht abgestimmt. Ein wenig näher an der Realität liegen da wohl die Einschätzungen der Verlierer, also vor allem der Autolobby und der SVP: Einem grossen Teil der Nein-Stimmenden dürfte es weniger um ein Grundsatzsignal gegen das Auto gegangen sein. Vielmehr gelang es den Initiativgegnern im Abstimmungskampf, fokussiert auf das Loch in der Bundeskasse hinzuweisen, das bei einem Ja entstanden wäre, und erfolgreich vor einem Leistungsabbau in der Bildung und der Landwirtschaft zu warnen.

Und die Debatte ist noch nicht zu Ende. Nach dem Nein geht es nun darum, beim bereits aufgegleisten Fonds für den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehr (NAF) die Voraussetzungen zu schaffen, damit dem Strassenverkehr in Zukunft die nötigen Mittel zur Verfügung stehen. Für die Bahn wurde dazu vor gut zwei Jahren mit Fabi ein Fonds für die Finanzierung und den Ausbau der Bahnin­frastruktur beschlossen. Mit dem NAF will der Bundesrat nun die Strasse der Schiene gleichstellen.

Das ist auch nötig, denn die Probleme im Strassenverkehr nehmen nicht ab. Im Gegenteil: Die Strassen sind, unter anderem aufgrund der anhaltenden Zuwanderung, immer stärker belastet. Neben der Instandhaltung werden Investitionen – auch in Grossprojekte – unumgänglich sein. Finanzminister Ueli Maurer fasste die Lage gestern Abend treffend zusammen: Die Probleme der Strasse bleiben aktuell, darum ist der Bund bereit, im Rahmen des NAF hohe dreistellige Millionenbeträge zu investieren. Diese Worte sollten die Bundesparlamentarier jetzt leiten. Der Ball liegt beim Nationalrat, der bereits am 15. Juni berät, wie der NAF genau ausgestaltet sein soll. ■

(Dieser Kommentar ist in leicht anderer Form erschienen am 6. Juni 2016 in der «Neuen Luzerner Zeitung».