Heikle Fragen zur Unterschrift von FCL-Präsident Studhalter

Titelstory Studhalter NLZ

Die Protagonisten im 160-Millionen-Dollar-Deal (im Uhrzeigersinn): Sergei Roldugin, Suleiman Kerimow und Philipp Studhalter, Bild: Screen shot NLZ

Panama Papers – Anwalt und FCL-Präsident Philipp Studhalter unterschrieb einen Vertrag zu einem russischen Millionendeal. Die Details kannte er offenbar nicht. Dies bringt ihm nun Kritik ein.

Von Livio Brandenberg

Im Zentrum steht eine 160-Millionen-Dollar-Transaktion, die über die Britischen Jungferninseln abgewickelt wurde (siehe Zeitschiene unten). Beteiligt ist ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Ein wichtiges Dokument unterschrieben hat der gestern definitiv zum Präsidenten des FC Luzern gewählte Luzerner Anwalt Philipp Studhalter. Dies machte die «Sonntagszeitung» publik. Sie stützte sich bei ihren Recherchen auf die sogenannten Panama Papers.

Laut eigenen Aussagen war Studhalter nur am Rande in den Deal involviert. Er agierte als Stiftungsrat der in Luzern ansässigen Suleiman Kerimow Foundation, einer wohltätigen Stiftung. Als er den Vertrag für die besagte Transaktion unterzeichnet habe, habe er alle rechtlichen Sorgfaltspflichten wahrgenommen, so der Anwalt. «Vor der Unterschrift habe ich die Situation geprüft und bin nicht auf irgendwelche Ungereimtheiten gestossen», schreibt Studhalter in einer schriftlichen Stellungnahme von gestern. Ausserdem gehörten solche Stellvertretungen zur Unterzeichnung von Verträgen «zum Tagesgeschäft» von Anwälten.

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Auszug aus dem Vertrag zum Weiterverkauf der Rechte am verbleibenden Darlehen (siehe Zeitleiste unten), an dem Philipp Studhalter nicht beteiligt war

«Keine weiteren Kenntnisse»

Aufhorchen lässt daher Studhalters Aussage einen Tag früher in der «Sonntagszeitung», er sei nicht weiter in das Geschäft verwickelt gewesen und er «verfüge über keine weiteren Kenntnisse über die Transaktion».

Für Experten ist dieser Satz problematisch: «Der Anwalt war in dieser Sache als Stiftungsrat tätig und sollte den Sinn des Geschäfts vor der Unterschrift verstehen», sagt etwa der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth. Gleich tönt es unter Berufskollegen: «Jedermann sollte grundsätzlich nur unterschreiben, was er versteht. Ein Anwalt, der ein Dokument unterschreibt, das er nicht genau versteht oder dessen Inhalt er nicht im Detail kennt, handelt mindestens fahrlässig», sagt ein Luzerner Anwalt auf Anfrage. Fazit: Anwalt Studhalter hätte vor seiner Unterschrift abklären müssen, woher das transferierte Geld kam und zu welchem Zweck es an den Begünstigten floss.

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Unterschrift von Philipp Studhalter

Eine andere Frage ist, ob Studhalters Verhalten – konkret: das Unterschreiben des Vertrags mittels Vollmacht – in dieser Sache rechtlich korrekt ist. Der FCL-Präsident ist überzeugt: «Es liegt nichts vor, was darauf hindeutet, dass rechtliche Probleme in dieser Sache bestehen», wie er in seiner gestrigen Stellungnahme schreibt. Der Grundtenor von verschiedenen in Medien zitierten Experten lautet ein wenig anders. Es könne sich bei dem Geldtransfer kaum um ein legitimes Geschäft handeln, meint zum Beispiel David P. Weber, Professor für Wirtschaftskriminalität an der Universität Maryland, in der «Sonntags­zeitung». Bei den Aufsichtsbehörden müssten «sämtliche Warnlampen» aufleuchten, ergänzt Mark Pieth. Der Strafrechtsprofessor sieht bei den Über­weisungen Ähnlichkeiten zu bekannten russischen Geldwäscherei-Operationen.

Mehrere Vorstösse eingereicht

Als Anfang April dieses Jahres die ersten Enthüllungen aus den Panama Papers in den Medien auftauchten, entbrannte innert weniger Tage eine Diskussion über die Rechtmässigkeit von Briefkastenfirmen. Zu undurchsichtig seien diese Firmen beziehungsweise Firmenkonstrukte, so die zahlreichen Kritiker. Dank den komplexen Gebilden könnten von Kontinent zu Kontinent Gelder umhergeschoben, deren Herkunft und die Begünstigten aber verschleiert werden. Die Kritik kam vorwiegend von politisch linker Seite.

Philipp Studhalter

Anwalt und Präsident des FC Luzern: Philipp Studhalter (40), Bild: Philipp Schmidli

Kurz nach der Veröffentlichung der ersten Fälle aus den Panama Papers reichten mehrere eidgenössische Parlamentarier Vorstösse ein, um unter anderem sogenannte Finanzintermediäre stärker zu regulieren. Vereinfacht ist ein Finanzintermediär jemand, der ein fremdes Vermögen verwaltet, also Dienstleistungen anbietet, wie das etwa typischerweise Finanztreuhänder tun. Gemeint sind damit  auch Anwälte. Ob Studhalter in diesem Fall als Finanzintermediär gehandelt hat, lässt sich aus der Distanz nur schwer beurteilen.

Bundesrat sieht keinen Handlungsbedarf

Der Bundesrat hat in seinen Antworten auf die verschiedenen Vorstösse keinen Handlungsbedarf identifiziert, um für Finanzintermediäre neue Regeln aufzustellen. Er lehnte es unter anderem ab, Anwälte in jedem Fall als Finanzintermediäre einzustufen und sie somit generell dem Geldwäschereigesetz zu unterstellen. Heute sind Anwälte und Notare nicht integral dem Geldwäschereigesetz unterstellt. Dass sie dadurch aber allgemein von der Sorgfaltspflicht ausgenommen sind – wie dies in verschiedenen Medienberichten im Zusammenhang mit den Panama Papers behauptet wurde –, ist nicht der Fall.

Denn für jedermann gilt das Strafgesetzbuch, welches verbietet, logistische Vorkehrungen zu treffen – etwa die Beihilfe zur Gründung von Tarnfirmen, dem Einsetzen von Strohmännern oder dem Transferieren von hohen Geldsummen –, obwohl konkrete Hinweise auf einen deliktischen Hintergrund vorliegen.

Ein Geldwäschereiverdacht gemäss Strafgesetzbuch kann laut Strafrechtsprofessor Marc Forster von der Universität St. Gallen insbesondere dann vorliegen, wenn «eine auffällige Verknüpfung geldwäschetypischer Vorkehrungen besteht». Dies sei etwa der Fall, «wenn hohe Geldbeträge über komplexe Kontenbewegungen unter zahlreichen involvierten Personen und Firmen in verschiedenen Ländern, darunter typischerweise sogenannte Offshoregesellschaften, verschoben wurden und für diese komplizierten Transaktionen kein wirtschaftlicher Grund ersichtlich ist». ■

 

(Dieser Artikel ist in leicht anderer Form erschienen am 12. Juli 2016 in der «Neuen Luzerner Zeitung».