Der Bund lanciert eine Kampagne für bessere Hygiene

Fleisch – aber auch Gemüse und Eier – muss immer gut durcherhitzt werden, Bild: Matt Biddulph, FlickrLaut BLV müssen Hände sowie Arbeitsflächen und Küchengeräte vor und nach dem Kochen mit Seife und heissem Wasser gereinigt werden.Gekochte Lebensmittel sind immer von rohen zu trennen. Keime können von rohen auf andere Lebensmittel übergehen. Deshalb sollte etwa bei der Zubereritung von Fondue Chinoise ein separater Teller für das rohe Fleisch verwendet werden.Fleisch, Geflügel, Fisch, Meeresfrüchte und alle anderen, bereits gekochten Lebensmittel immer auf mindestens 70 Grad Celsius erhitzen.Alle frischen Lebensmittel sind im Kühlschrank bei unter 5 Grad Celsius zu lagern. Einmal aufgetaute Lebensmittel dürfen nicht wieder eingefroren werden.

Lebensmittel – Der Bund will uns zeigen, wie man in der Küche sauber vorgeht und startet eine Informationskampagne zur Prävention von Infektionserkrankungen, verursacht durch Lebensmittel. Die Kosten der Kampagne sind eher überschaubar.

Von Livio Brandenberg

Jedes Jahr erkranken in der Schweiz 7000 Menschen an Lebensmittelinfektionen. Ausgelöst werden diese durch Bakterien – Campylobacteriose nennt sich das im Fachjargon. Im Volksmund sagt man Durchfall. Was vielleicht harmlos tönt, ist es aber nicht immer, warnt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Zum Start der Grillsaison hat das BLV darum gestern in Bern eine Informationskampagne zur richtigen Zubereitung von – vor allem rohen – Lebensmitteln vorgestellt.

Die genannte Zahl von 7000 Personen mit Durchfallerkrankung, die jedes Jahr beim Bundesamt für Gesundheit gemeldet werden, sei trügerisch, sagt BLV-Direktor Hans Wyss: «Es ist bekannt, dass nur ein kleiner Anteil der Personen mit Durchfall zum Arzt oder ins Spital geht und dann auch erfasst wird»; darum sei mit einer hohen Dunkelziffer zu rechnen. Hier könnte man einwenden, dass viele dieser Erkrankungen auch nicht so schlimm sind, wenn die Betroffenen keine ärztliche Hilfe aufsuchen müssen. Eine andere Erklärung ist, dass bei dieser Art von Beschwerden bis heute Schamgefühle eine Rolle spielen.

Lebensmittelbranche macht mit

Laut Wyss sind aber immerhin 15 Prozent der gemeldeten Fälle – das sind 1050 – so schwer, dass die Patienten mehrere Tage in einem Spital verbringen müssen. Und das sei zu viel, sagt er. Deshalb lanciert das BLV nun zusammen mit zahlreichen Partnern aus der Lebensmittelbranche die Kampagne «Richtig zubereiten – sicher geniessen». Mitmachen werden die beiden Grossverteiler Migros und Coop, der Schweizer Fleischfachverband, der Bauernverband, der Verband der Schweizer Fleischwirtschaft Pro­viande, der Fleischproduzent Bell, die Schweizer Geflügelproduzenten, Aldi Schweiz, Lidl und weitere.

Das BLV hat für die Kampagne Piktogramme, Faktenblätter und die Website www.sichergeniessen.ch erarbeitet. Die Piktogramme, die die vier einfachen Grundregeln (siehe Box und Bildstrecke) der Küchenhygiene bekannt machen sollen, werden auch von den Partnern verwendet, etwa von Proviande auf Rechnungen oder von Aldi auf Frischfleisch- und Fondue-Chinoise-Verpackungen. Weiter werden alle an der Kampagne Beteiligten die gleichen Botschaften auf ihren Online-Auftritten verwenden – das soll einen Wiedererkennungswert schaffen, so die Verantwortlichen.Vier Grundregeln BLV

Schaut man sich den Inhalt der Kampagne an, wird schnell klar: Das Zielpublikum sind nicht Gastroprofis, sondern vor allem die privaten Haushalte, das sagt auch der BLV-Direktor: «Wir wollen zeigen, dass man als Einzelner etwas tun kann, um Durchfall- erkrankungen vorzubeugen. Die breite Bevölkerung soll sensibilisiert werden, wie lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten mit einfachen Regeln zu verhindern sind.» Die gestern präsentierten Punkte sind wahrlich eher banaler Art. Wyss: «Das sind nicht wahnsinnige Neuerungen, sondern einfache Regeln. Weil die Zahl der Lebensmittelerkrankungen momentan aber relativ hoch ist, müssen wir davon ausgehen, dass dieses Wissen nicht oder nicht mehr überall vorhanden ist.» Laut einer Studie der ETH Zürich sind es vor allem junge Männer, die unwissend sind.

Arbeitsausfälle verursachen Kosten

Zu Stande gekommen ist die Kampagne auf Initiative des BLV. «Wir sind vor gut einem Jahr auf die Partner aus der Branche zugegangen und auf grosses Interesse gestossen», sagt Direktor Wyss.

Nun kann man sich fragen, ob es Aufgabe des Staates ist, den Konsumenten zu sagen, was sie in ihrer Küche dürfen und was nicht. Doch das BLV will nach eigenen Angaben keine Vorschriften machen, sondern informieren. Betrachte man die Zahl der lebensmittelbedingten Erkrankungen, bestehe ein Bedürfnis, ist Wyss überzeugt.

Bleibt die Frage nach den Kosten. Die «Neue Zürcher Zeitung» hatte in einem nicht ganz ernst gehaltenen Kommentar bereits kritisiert, das Ziel des BLV sei ein hehres, doch es wäre schön, wenn für dessen Erreichen nicht unnötig «Steuergeld verbrannt würde». Auf Nachfrage beziffert BLV-Direktor Wyss die Gesamtkosten der Kampagne für sein Amt auf rund 30 000 Franken (den Grossteil tragen die Partner). Und er fügt an, die Kosten für Arbeitsausfälle, die jedes Jahr durch lebensmittelbedingte Infektionskrankheiten anfallen, dürften deutlich höher sein. ■

(Dieser Artikel ist in leicht anderer Form erschienen am 8. April 2016 in der «Neuen Luzerner Zeitung».)