Ein provisorischer Schlussstrich für Julius Bär im US-Steuerstreit

Julius Bär US-Busse

Bild: Screen shot Julius Bär

US-Steuerstreit – Die Bank Julius Bär verkündet das Ende des Steuerstreits mit den US-Behörden. Die Höhe der erwarteten Busse überrascht.

Von Renzo Ruf *, Washington  und  Livio Brandenberg

Diese Überraschung zu Jahresende ist der Julius-Bär-Gruppe gelungen. Am 31. Dezember 2015 verkündete die Privatbank eine «umfassende Einigung» mit den amerikanischen Ermittlungsbehörden. Gegen die Bezahlung einer Busse von 547,25 Millionen US-Dollar – umgerechnet rund 540 Millionen Schweizer Franken – legen die Amerikaner den Steuerstreit mit dem Schweizer Geldinstitut bei. Zu diesem Zweck müssten die entsprechenden Rückstellungen von bisher 350 Millionen Dollar um 197,25 Millionen Dollar erhöht werden, teilte die Bank mit. Im Jahr 2015 werde Julius Bär aber weiterhin schwarze Zahlen schreiben.

Börse reagiert positiv

Mit dieser Meldung schlug die börsenkotierte Zürcher Privatbank gleich zwei Fliegen auf einen Streich. Erstens setzte das Institut den schier endlosen Spekulationen über die Höhe der Busse ein Ende. Zuletzt war in der Sonntagspresse darüber gemutmasst worden, dass die Bank bis zu 700 Millionen Dollar bezahlen müsse. Auch deshalb reagierte die Schweizer Börse gestern «sehr positiv», wie Andreas Brun, Aktienanalyst der Zürcher Kantonalbank, feststellte (siehe Grafik unten). «Aus Aktiensicht ist wichtig, wie viel Überschusskapital Julius Bär noch zur Verfügung hat. Denn die Strategie von Julius Bär ist, durch Übernahmen zu wachsen. Je mehr die Bank nun also zurückstellen muss, desto mehr schmilzt das Kapital für potenzielle Ak­qui­si­tionen. Und das wird von den Anlegern nicht goutiert», so Brun. Sollte es für Julius Bär doch noch eine deutlich höhere Busse geben, dann würde sich laut dem Aktienspezialist allenfalls zusätzlich die Frage stellen, ob bei der Dividende gespart werden müsse. Doch danach sehe es momentan nicht aus.

Die Aktie der Julius-Bär-Gruppe legte am letzten Handelstag im alten Jahr um bis zu 4 Prozent zu.

Julius Bär Aktienkurs

Grafik: Screen shot finanzen.ch

Und zweitens kann Julius Bär, wie einer Pressemitteilung zu entnehmen ist, sämtliche Rückstellungen zur Bezahlung der Busse im Geschäftsjahr 2015 verbuchen. Damit startet Konzernchef Boris Collardi unbeschwert ins neue Jahr – in dem er seine Expansionspläne verwirklichen will.

Verfahren läuft seit 2011

Allein: In Stein gemeisselt ist der strafrechtliche Vergleich – ein sogenanntes Deferred Prosecution Agreement – noch nicht. Der zuständige Staatsanwalt im südlichen Bezirk des Bundesstaates New York, der mit seiner Anklageerhebung gegen zwei Julius-Bär-Angestellte im Oktober 2011 das Verfahren gegen die Bank in Gang gebracht hatte, habe die Vereinbarung grundsätzlich genehmigt, heisst es in der Pressemitteilung. Noch stehe aber die Zustimmung des Justizministeriums in Washington aus – der Vorgesetzten von Staatsanwalt Preet Bharara. Julius Bär geht davon aus, dass dieses Plazet im ersten Quartal 2016 eintrifft. Zu diesem Zeitpunkt werden dann auch die entsprechenden Gerichtsakten veröffentlicht, die Einblick in das illegale Tun der Schweizer Bank geben. Dieses Vorgehen ist höchst  ungewöhnlich.

Bisher hat noch nie eine Schweizer Bank im Alleingang verkündet, sie habe sich im Steuerstreit mit den Amerikanern geeinigt. Die entsprechenden Mitteilungen kamen vielmehr aus dem Büro von Staatsanwalt Bharara oder aus der Zentrale des Justizministeriums in Washington. Häufig traten die zuständigen Ermittler dabei auch vor die Medien. Gestern aber weigerte sich die New Yorker Staatsanwaltschaft, die Mitteilung der Julius-Bär-Gruppe zu bestätigen, wie Sprecher Christian Saint-Vil ausrichten liess. Auch die Pressestelle der Zürcher Privatbank wollte keine Auskunft über die gefundene Lösung geben. Pressesprecher Jan Vonder Muehll bestätigte einzig, dass Julius Bär für die Aufarbeitung des Steuerstreits 80 bis 90 Millionen Franken an Gebühren und Anwaltskosten bezahlt habe – und dass diese Zahl die «internen Kosten» nicht mitberücksichtige.

Dass Julius Bär gestern die Busse bis auf die Kommastelle beziffern konnte, deutet in den Augen von Analyst Andreas Brun darauf hin, dass dieser Betrag «fix» sei. «Man kann nun mit grosser Wahrscheinlichkeit sagen, dass es bei einer Busse in dieser Höhe für Julius Bär bleibt und dass es das im US-Steuerstreit für Julius Bär gewesen ist», resümiert Brun.

Auch ist anzunehmen, dass die Zürcher Privatbanker von den amerikanischen Ermittlern grünes Licht für ihre Kommunikationsstrategie – die sich auch mit den Börsenrichtlinien in der Schweiz begründet lässt – erhalten haben.

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Die höchsten Bussen für Schweizer Banken im US-Steuerstreit,
Stand 31. Dezember 2015

In Millionen US-Dollar

Bank                        Busse                  Datum

Credit Suisse              2814                     19. Mai 2014DoJ Seal

UBS                              780                       18. Februar 2009

Julius Bär                    547 **                  1. Quartal 2016

Bank Leumi                400                       22. Dezember 2014

BSI SA                         211                       30. März 2015


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Rückstellungen; mögliche Höhe der erwarteten Busse
Quellen: U.S. Department of Justice ;  Julius Bär
Eine umfassende Auflistung ist zu finden unter www.finews.ch.
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Weitere Banken folgen

Die Julius-Bär-Gruppe ist die fünfte Schweizer Bank in der Gruppe 1, die sich mit den Amerikanern einigt. In dieser Gruppe befinden sich Banken, gegen die bereits Strafverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung liefen, als das US-Justizministerium das Bankenprogramm präsentierte. Die grösste Busse musste bisher die Credit Suisse an die amerikanische Staatskasse abliefern: 2 Milliarden Dollar. Hinzu kamen Zahlungen an die US-Notenbank und die Aufsichtsbehörde im Staat New York. Auf ein Ende des strafrechtlichen Verfahrens warten unter anderem die Kantonalbanken von Zürich und Basel-Stadt sowie die Genfer Privatbank Pictet und die Schweizer Niederlassung der britischen Grossbank HSBC.

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Update:

Am Abend des 31. Dezember haben sich noch zwei weitere Schweizer Banken mit dem US-Justizministerium geeinigt: die Bank Lombard Odier und die DZ Privatbank. Um nicht weiter strafrechtlich verfolgt zu werden, zahlt Lombard Odier 99,809 Millionen US-Dollar. Die Bank hat ab August 2008 1121 Konten mit US-Bezug geführt, wobei Vermögen von rund 4,45 Milliarden Dollar verwaltet wurden. Die DZ Privatbank zahlt eine Busse von 7,452 Millionen Dollar für 691 US-Kunden mit einem maximalen Vermögen von rund 498 Millionen Dollar. Dies teilte das US-Justizministerium mit.

Bis jetzt haben damit insgesamt 76 Schweizer Banken der «Kategorie 2» im US-Steuerprogramm («Swiss Bank Program») eine Einigung mit den USA erzielt. Zur Bereinigung des Steuerstreits mit den USA hatten sich Schweizer Banken in die drei Kategorien (2, 3, 4) des entsprechenden Programms des US-Justizministeriums einteilen können. ■

 

* Renzo Ruf, geboren 1975 in Bern, ist US-Korrespondent, stationiert in Washington, D.C. Er schreibt für verschiedene Schweizer Tageszeitungen, unter anderem für die «Neue Luzerner Zeitung».