Der Nationalrat will, dass die Läden länger offen haben können – Die Mall of Switzerland freut’s, die Gewerkschaften weniger

Grafik Ladenöffnungszeiten

Grafik: «Neue Luzerner Zeitung» vom 1. März 2016

Öffnungszeiten  –  Laut dem Nationalrat soll in der ganzen Schweiz shoppen unter Woche bis 20 Uhr möglich sein, samstags bis 18 Uhr. Die Verantwortlichen der neuen Mall of Switzerland würden sich über die Ausweitung freuen. Gewerkschaften hingegen drohen bereits jetzt mit dem Referendum.

Von Livio Brandenberg

Die Mall of Switzerland in Ebikon nimmt Form an. Die Bauarbeiten auf der Grossbaustelle neben der Firma Schindler schreiten «zügig voran», sagt Werner Schaeppi, Sprecher der Mall. Im Bauplan sei man sogar ein wenig voraus, ergänzt er. Das grösste Einkaufs- und Vergnügungszentrum der Zentralschweiz wird also aller Voraussicht nach wie geplant im Herbst 2017 öffnen. Bis dann verfolgen die Verantwortlichen der Mall of Switzerland noch ein anderes Ziel: «Wir würden gerne mit dem Kanton zusammenarbeiten, um bei den Ladenöffnungszeiten gegenüber anderen Einkaufszentren nicht benachteiligt zu sein», sagt Werner Schaeppi.

Möglicherweise ist eine solche Zusammenarbeit mit dem Kanton Luzern aber gar nicht mehr nötig. Denn gestern hat der Nationalrat einer Gesetzesvorlage des Bundesrates zugestimmt, welche die Ladenöffnungszeiten in der ganzen Schweiz ausweiten will. Unter der Woche sollen die Geschäfte laut der Vorlage von 6 bis 20 Uhr geöffnet haben, samstags von 6 bis 18 Uhr. Wichtig ist: Die Geschäfte müssen nicht zwingend so lange geöffnet bleiben, die Kantone dürften aber bei einer Annahme des Gesetzes diese Eckwerte nicht einschränken. Es wird von einer «Teilharmonisierung» der Ladenöffnungszeiten gesprochen.

Die Vorlage geht nun zurück in den Ständerat, der sie im letzten September zurückgewiesen hatte. Erneut mit den Ladenöffnungszeiten befassen wird sich die Kleine Kammer voraussichtlich im kommenden Sommer. Tritt der weniger bürgerliche Ständerat erneut nicht auf die Vorlage ein, ist die Diskussion um längere Öffnungszeiten vom Tisch.

Blick auf die Mall (Mitte), den Vorplatz, auf dem auch Events stattfinden sollen, sowie dem Kinokomplex links, Visualisierung: Mall of SwitzerlandDie Mall mit Vorplatz bei Nacht, Visualisierung: Mall of SwitzerlandDas Konzept des Vorplatzes soll auch eine Art Tribüne oder Treppe beinhalten. Aussenansicht der Mall am Tag, Visualisierung: Mall of SwitzerlandGeplant ist auch ein Kinokomplex mit 12 Sälen, Visualisierung: Mall of Switzerland

«Sensibles Thema»

Für den Kanton Luzern hätte eine Annahme der Vorlage grössere Auswirkungen als auf andere Kantone, da Luzern heute im schweizweiten Vergleich eines der restriktivsten Ladenschlussgesetze hat. Hier verfolgt man die aktuelle Debatte sehr genau. Mall-of-Switzerland-Sprecher Schaeppi sagt: «Man darf nicht vergessen, dass es sich in Luzern um ein sensibles Thema handelt. Die Bevölkerung hat bereits mehrfach über eine Liberalisierung abgestimmt und diese verworfen.» Diesem Umstand müsse man bei der Diskussion sicher Rechnung tragen. Doch er geht auch davon aus, dass «es kaum im Interesse des Kantons ist, eine solche Einrichtung wie die Mall of Switzerland, die auf Luzerner Boden steht, bei den Öffnungszeiten gegenüber umliegenden Einkaufszentren schlechterzustellen.»

Die Einkaufszentren der Innerschweiz – darunter das Emmen-Center, der Länderpark Stans oder das Einkaufszentrum Zugerland in Steinhausen – stehen in direkter Konkurrenz miteinander wie auch mit grossen Shoppingzentren in nahe liegenden Kantonen wie Aargau oder Zürich. So ist das Sihlcity-Einkaufszentrum von Ebikon aus mit dem Auto in rund einer halben Stunde erreichbar. Nach Stans sind es mit dem Auto knapp 20 Minuten von Luzern aus. Für alle diese Zentren gelten lockerere Regelungen bei den Öffnungszeiten.

Grosse Malls gegen kleine Detaillisten

Für die Arbeitnehmervertreter ist dies kein Argument für eine Ausweitung, wie Marcel Budmiger vom Luzerner Gewerkschaftsbund erklärt: «Dass die grossen Einkaufszentren für eine Liberalisierung sind, ist logisch; sie können profitieren. Vielen kleineren Detaillisten würde eine solche Regelung aber das Genick brechen.» Im Kanton Luzern seien die Unterschiede im Detailhandel grösser als in anderen Kantonen, weil Luzern auch ländlich geprägt sei, so Budmiger. Eine Ausweitung würde laut dem Gewerkschafter neben dem Verkaufspersonal vor allem die kleinen Detailhändler betreffen, die auch die Vielfalt ausmachen. Ein Gegenargument auf diese Aussage liefern könnten allerdings die Zentralschweizer Kantone Schwyz, Nid- und Obwalden, die kein Ladenöffnungsgesetz kennen. Dort existieren neben grossen Einkaufszentren auch kleinere Läden weiter.

Bei Luzern Tourismus begrüsst man den Entscheid des Nationalrats. Sibylle Gerardi, Leiterin Unternehmenskommunikation, sagt: «Es gehört heute zum Ferienerlebnis, dass man auch ein wenig länger shoppen kann. In Umfragen sehen wir, dass Gäste vermehrt die Ladenöffnungszeiten in der Schweiz bemängeln.» Der Luzerner Gewerkschaftsbund will jedenfalls weiter gegen die Ausweitung kämpfen: «Wir versuchen nun zuerst, unsere Ständeräte für ein Nein zu gewinnen», sagt Marcel Budmiger. «Kommt das Gesetz aber durch, werden wir das Referendum ergreifen.» ■

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Update:

In der Stadt Luzern dürfen Touristengeschäfte am Wochenende bis um 17 Uhr öffnen. Nun will auch das Warenhaus Manor von dieser Regel profitieren – und stellt ein Gesuch mit Signalwirkung.

Hier geht es zum Artikel von Raphael Gutzwiller (erschienen in der «Neuen Luzerner Zeitung» am 3. März 2016.)